Richter darf nicht Ortsbürgermeister sein



Peter Marhöfer ist einziger Kandidat für das Amt des Ortschefs - Ausgerechnet das Gesetz macht Ortsgemeinde Wehr einen Strich durch die Rechnung

Rheinzeitung vom 14.05.2019
Von Nicolaj Meyer


Niederzissen/Wehr Mit großen Vorhaben wollte Peter Marhöfer Ortsbürgermeister von Wehr werden: "Innovationen sind gefragt, um den künftigen Bedürfnissen der Ortsgemeinde gerecht zu werden", kündigte der derzeit Erste Beigeordnete von Wehr an. Und beste Chancen hatte er als einziger Kandidat. Doch nun die Wendung: Marhöfer hat am Montag erklärt, er werde die Wahl auf keinen Fall annehmen. Denn das Amt würde ihn teuer zu stehen kommen.
Nach der Ankündigung der Kandidatur und Prüfung des Wahlvorschlags durch die Wahlbehörden erhielt der Richter die Schocknachricht: Seine vorgesetzte Dienststelle teilte ihm mit, dass eine Nebentätigkeitsgenehmigung für dieses Ehrenamt nur dann infrage komme, wenn er sich beurlauben lasse und während der Dauer des Amtes nicht als Richter tätig sei. In dieser Zeit würde Marhöfer keinerlei Bezüge erhalten, wäre demnach auf die Aufwandsentschädigungen als Bürgermeister angewiesen. Das sind beim Brohltaler Ort Wehr mit einer Größe von etwas mehr als 1000 Einwohnern knapp 1000 Euro - für Marhöfer "als Familienvater zu wenig".
Der 48-Jährige teilte der Ortsgemeinde mit, dass eine solche Vorgehensweise für ihn nicht in Betracht komme. Die Auffassung des Präsidenten des Oberlandesgericht akzeptiere er aber. Damit verliert Wehr den bis dato einzigen Kandidaten für das Amt des Ortsbürgermeisters.
Da nach der Zulassung des Wahlvorschlags durch den Wahlausschuss am 8. April eine Rücknahme der Bewerbung nicht mehr zulässig war, findet dennoch die Wahl statt. "Das ist einfach blöd gelaufen", sagt der amtierende Ortsbürgermeister Berthold Doll. Bereits am 10.April habe er erfahren, dass Marhöfer das Amt nicht annehmen könne, eine überschneidung von zwei Tagen. Daraufhin wandten die Wehrer sich prompt an den rheinland-pfälzischen Wahlleiter. Doch da war nichts mehr zu machen: Alle Wahlbenachrichtigungen waren raus, eben mit Marhöfer als Kandidat für Wehr - ein Kandidat der nicht will.
Dr. Stephan Danzer, stellvertretender Landeswahlleiter, beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Wahlen in Rheinland-Pfalz. "Ich kann mich an einen solchen Fall nicht erinnern", erklärt der Wahlexperte. Er kennt aber das Problem. Paragraf 4 des Deutschen Richtergesetzes regelt die Unvereinbarkeit des Richteramtes und des Amtes des Ortsbürgermeisters mit folgendem Satz: "Ein Richter darf Aufgaben der Recht sprechenden Gewalt und Aufgaben der gesetzgebenden oder der vollziehenden Gewalt nicht zugleich wahrnehmen. "Runtergebrochen erschließt sich das aus der Gewaltenteilung von Legislative, Judikative und Exekutive, die in unserer Verfassung fest verankert ist. ähnliche Fälle wie Marhöfers finden sich in Deutschland eher selten, aber es gibt sie.
Richter sind nicht die Einzigen, die sich eine Kandidatur zum Bürgermeister zweimal überlegen sollten. Auch Paragraf 5 des Kommunalwahlgesetzes von Rheinland-Pfalz regelt eine Unvereinbarkeit verschiedener ämter. Wer etwa zum Mitglied des Gemeinderats gewählt ist und die Wahl angenommen hat, darf nicht gleichzeitig hauptamtlich tätig sein als Beamter oder als Beschäftigter (soweit er nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichtet) der Gemeinde.
Ortschef Doll will nach 17 Jahren im Amt nicht noch einmal antreten: "Ich hätte mich über Marhöfer als meinen Nachfolger aber sehr gefreut. "Von den drei Listen, die in Wehr am 26. Mai zur Wahl stehen, hatte sich kein anderer Kandidat zur Verfügung gestellt. Am Montagabend fand die letze Ratssitzung in Wehr vor den Kommunalwahlen statt. Hier wollte man noch einmal werben, um doch noch einen Ortsbürgermeisterkandidaten zu finden.
Darauf angesprochen, ob seine Tätigkeit als Erster Beigeordneter nicht auch problematisch im Zusammenhang mit dem Richteramt sein könnte, verneinte Marhöfer. Hintergrund ist, dass der Erste Beigeordnete den Bürgermeister in Abwesenheit vertritt und damit selbige Funktion wahrnimmt. Etwa in der Verbandsgemeinde Bad Breisig musste der Erste Beigeordnete Hans-Josef Marx den erkrankten Bernd Weidenbach über mehrere Monate vertreten. Marhöfer sagt dazu: "Doll ist quasi 365 Tage im Einsatz. Es war so selten nötig ihn zu vertreten, dass es nicht einmal anzeigepflichtig beim Arbeitgeber war." Verabschieden will sich Marhöfer von der Kommunalpolitik in Wehr trotz dieses Dämpfers nicht. "Im Rat werde ich mich auf jeden Fall weiterhin engagieren."


Peter Marhöfer will sich weiterhin in der Kommunalpolitik engagieren, auch wenn er kein Ortsbürgermeister werden kann.
Foto: Marhöfer


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